Wir sind gerade erst aus Davos zurückgekehrt. Die Energie und der Optimismus, die bei der diesjährigen Konferenz deutlich spürbar waren, waren ansteckend und haben uns beflügelt! Nach zahlreichen Gesprächen und Verpflichtungen während der ganzen Woche – unter anderem an dem Stand, den wir uns mit Euro Finance Week/dfv Maleki Group teilten, und anderenorts – kamen wir mit einer klaren Erkenntnis zurück: In unserer Branche werden in Zukunft Partnerschaften das A und O sein. Die Verbindung von Technologie und Praktiken des Bankgeschäfts bietet die Chance für einen dynamischen Wandel. Dabei steht die Verbesserung der Kundenerfahrung im Mittelpunkt.
Seit technologiegestützte Unternehmen in die Finanzdienstleistungsbranche eingestiegen sind, erleben die traditionellen Banken, wie agilere und flexiblere Konkurrenten ihnen Privat- und Geschäftskunden streitig machen. Was aber als Bedrohung für die Branche begann, hat sich allmählich zu einer Möglichkeit der Zusammenarbeit gewandelt. Kurzum, viele handeln nun gemäß dem Motto: Wenn du sie nicht besiegen kannst, dann verbünde dich mit ihnen.
Diese Tendenz zeigt sich auch in Statistiken, die darlegen, dass Banken und FinTechs zunehmend erfolgreich zusammenarbeiten. Laut einem Bericht von Business Insider Intelligence vom November 2016 gelang es 87 Prozent aller Finanzdienstleister in Großbritannien, die mit Drittanbietern zusammenarbeiteten, ihre Kosten zu senken. Die gleiche Studie ergab, dass 54 Prozent dieser Partnerschaften ihren Umsatz steigerten.
Wenn also Banken Möglichkeiten für eine Partnerschaft mit FinTechs ausloten, sollten sie sich eine entscheidende Frage stellen: Worauf müssen wir bei der Auswahl des richtigen Drittanbieters achten?
Das Wichtigste ist die Verbesserung des Kundenerlebnisses
Unternehmen stehen heute vor einer echten Herausforderung, wenn es um das Management von Business-to-Business (B2B)-Zahlungen geht. Finanzabteilungen müssen häufig mit den Lieferanten die bei Bestellungen, Rechnungen und Zahlungen auftretenden Probleme in Bezug auf den Debitorenabgleich manuell abwickeln, da wichtige Zahlungsdaten fehlen. Die gleichzeitige Bezahlung mehrerer Rechnungen, Preisnachlässe, Abzüge und die Beschränkungen von Interbank-Zahlungssystemen, die keine angemessenen Überweisungsdaten bieten, machen die Zuordnung der Zahlungseingänge zu einem echten Problem. Das kostet Zeit und Geld und bringt ein Risiko mit sich.
Im Zentrum dieser Problematik steht die Tatsache, dass wichtige Daten in den ERP-Systemen der Käufer vorhanden sind, die Daten aber einfach nicht bei den Lieferanten ankommen. Um dieses Problem zu lösen, können Banken mit einem Drittanbieter zusammenarbeiten, detaillierte Rechnungsdaten erfassen und diese mit Daten aus der Finanzierung oder dynamischen Rabattierung kombinieren. Dadurch werden die Geschäftsbeziehungen verbessert, und die zentrale Rolle der Bank in diesem Prozess wird gestärkt. Am wichtigsten ist, dass die Banken so die Chance erhalten, die Kundenbeziehung zu stärken und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit insgesamt zu verbessern.
Worauf Banken bei einem FinTech-Partner achten sollten
Die meisten Banken haben im Laufe der Jahre beträchtlich in Technologien investiert, um den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Das rasante Tempo des Wandels in der sich schnell entwickelnden digitalen Welt von Heute hat es aber den Finanzdienstleistern schwergemacht, mit den äußerst agilen FinTechs Schritt zu halten. Denn diese wurden buchstäblich aus der Taufe gehoben, um schnelle Innovationen zu entwickeln. Viele bestehende Beziehungen mit Technologieanbietern, die Banken mit entsprechenden Anbietern unterhalten, finden im Rahmen von Outsourcing statt.
Wenn Banken eine Partnerschaft mit FinTechs in Betracht ziehen, um Produktlücken zu schließen, ist es ratsam, potenzielle Partner sorgfältig zu evaluieren und dabei die Ausrichtung des Anbieters und dessen Geschäftsziele zu prüfen. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit beider Organisationen sollten die folgenden neun Faktoren berücksichtigt werden:
- Banken sollten ihre eigenen Produktlücken prüfen und mit einem FinTech-Unternehmen zusammenarbeiten, um sich innovative Lösungen zur Erfüllung spezifischer Kundenbedürfnisse zunutze zu machen. Dadurch kann das Leistungsversprechen der Bank als vertrauenswürdiger Partner gestärkt werden.
- FinTechs sollten ein eingehendes Verständnis der regulatorischen Anforderungen der Branche mitbringen und über strenge Compliance-Standards verfügen.
- Das Managementteam eines FinTech-Unternehmens sollte über fundierte Kenntnisse verfügen und die Finanzpraktiken von Unternehmen genauestens verstehen.
- Banken sollten die Reputation und den Markenwert eines FinTech-Partners prüfen und darüber nachdenken, wie eine solche Partnerschaft ihren eigenen Wert bei den Kunden steigern kann.
- Durchführung: Man muss sich vergewissern, dass ein Partner die Leistungen termingerecht und unter Einhaltung des Budgets erbringen kann und alle Anforderungen erfüllt.
- Sicherheit: Ein FinTech-Unternehmen sollte etabliert, anerkannt und ein glaubwürdiger Akteur sein, der ohne Reputationsrisiko mithalten kann.
- Die Technologieplattform eines FinTech-Unternehmens sollte mit führenden ERP-Systemen wie SAP, Oracle e-Business Suite, JD Edwards EnterpriseOne, Microsoft Dynamics, Infor und Epicor kompatibel sein.
- Die Technologie eines FinTech-Unternehmens muss strenge Sicherheitsprotokolle aufweisen, um das Risiko für die Bank und deren Kunden zu minimieren.
- Ein FinTech-Unternehmen sollte über eine ausreichende Kapitaldeckung verfügen, damit es nicht nur heute, sondern auch in Zukunft überlebensfähig ist.
Übereinstimmung langfristiger Ziele
Eine weitere wichtige Überlegung, die Banken bei der Bewertung von FinTechs berücksichtigen sollten, ist die Frage, wie gut die langfristigen Ziele beider Organisationen aufeinander abgestimmt sind. Der richtige Partner schafft eine symbiotische Beziehung, die den Stärken beider Parteien förderlich ist und eine Marginalisierung der Bank vermeidet.
Die Technologieplattform eines FinTech-Unternehmens sollte es einem Bankpartner ermöglichen, seine eigene Roadmap zu entwickeln und seine Finanzgeschäfte je nach Wunsch möglichst selbst abzuwickeln. Auf diese Weise können Banken, die Application Programming Interface (API)-Technologie nutzen und auf eine Fülle von Daten zugreifen, was ihnen gestattet, ihre Kundenbeziehungen auszubauen.
René Lacerte brachte dies wohl in seinem Forbes-Artikel „Is 2017 The Year Bank-FinTech Partnerships Hit Product/Market Fit?” auf den Punkt:
„Mit der zunehmenden Verbreitung von Cloud- und mobilen Technologien und der wachsenden Nachfrage der Kunden nach besseren Möglichkeiten für das digitale Bankgeschäft ändert sich die Art und Weise, wie Banken über den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen nachdenken. Die Zusammenarbeit mit FinTech-Unternehmen, um innovative neue Dienstleistungen und bessere Angebote für Nutzer anbieten zu können, unterstützt größere Finanzinstitute dabei, ihre Kunden wieder an die Bedeutung des Bankwesens zu erinnern und sich selbst in den Mittelpunkt des Finanzuniversums ihrer Kunden zu rücken.“
Wenn uns unsere Erfahrungen in Davos etwas gelehrt haben, dann können Partnerschaften der Schlüssel zum Erfolg sein. Banken, die ihre Kundenbeziehungen vertiefen wollen, können dieses Ziel schneller erreichen, indem sie mit Fintech-Unternehmen zusammenarbeiten, die dieselben Ziele verfolgen. Eine Win-Win-Win-Situation — für das Geschäft der Bank, für das Geschäft ihrer Kunden und für das Geschäft der Fintechs — ist durchaus möglich.
BY MARKUS RUPPRECHT
Markus Rupprecht ist Gründer und CEO von Traxpay. Er hat seine langjährige Erfahrung im europäischen und US-amerikanischen Bankensektor und seine Leidenschaft für Technologie dazu genutzt,um innovative Lösungen im B2B-Zahlungsverkehr zu kreieren.
BY ALAN KOENIGSBERG
Alan Koenigsberg ist strategischer Berater von Traxpay. Er ist Experte für den Zahlungsverkehr und hatte über 25 Jahre lang Führungspositionen im Bank- und Zahlungsverkehr bei globalen Finanzinstituten inne.